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Stechlin bei Neuglobsow/Brandenburg –
Spinnfischers Eldorado!
'Im Norden der Grafschaft Ruppin, hart an der mecklenburgischen
Grenze, zieht sich … eine mehrere Meilen lange Seenkette …
Hie und da wächst ein weniges von Schilf und Binsen auf, aber
kein Kahn zieht seine Furchen … Alles still hier.'
Auch heute ist es immer noch still, 105 Jahre nach Erscheinen des
Romans 'Der Stechlin' von Theodor Fontane, aus dem der erste Absatz
stammt. Fast könnte man denken, dass das letzte Jahrhundert
hier spurlos vorbeigezogen ist. Zwar ziehen Kähne heute schon
ihre Furchen, müssen aber per Ruder bewegt werden. Sämtliche
Motoren sind verboten, auch E-Motoren – die Naturwacht führt
regelmäßige Kontrollen durch. Seit 1938 steht das Gebiet
um den Stechlin unter Naturschutz, was aber den Bau des Kernkraftwerks
Rheinsberg am westlichen Ufer des Stechlin in den Sechzigern nicht
verhindern konnte ... Dieses ist seit Anfang der 90er stillgelegt
und wird bis 2009 komplett abgetragen sein. Vom See aus ist nur
ein kleines Stück vom Turm zu sehen, sodass zumindest die Aussicht
nicht zu sehr leidet.
Der Stechlin kommt mir immer wie eine Diva vor: verlockend schön,
aber auch prätentiös und launig. Bei einer Größe
von 425 ha und einer maximalen Tiefe von 68,5 m sollte man die Tiefenkarte
schon vor der Ausfahrt studieren. Das glasklare Wasser, das dem
See auch seinen Namen gegeben hat (aus dem Slawischen steklo: Glas),
sieht zwar herrlich aus, erleichert das Angeln aber nicht unbedingt.
Das reichhaltige Futterangebot überlässt den Anglern nur
selten wirklich hungrige Raubfische. Eine echte Herausforderung!
Taucher*, die hier gern in einem abgegrenzten Gebiet unter Wasser
gehen, haben von über 100 Aalen auf einer Strecke von gerade
500 m berichtet! Und von großen, richtig großen Hechten,
aber die Standplätze werden beharrlich verschwiegen! Angeblich
hat jeder der zahlreichen Bäume, die in das Wasser hineinreichen,
seinen kapitalen Standhecht … Kleinfische, von Lauben bis
Weißfischbrut und kleinen Barschen, sieht man jede Menge im
flachen Wasser. Beim Schnorcheln im Hochsommer und vom Boot aus
kann man Schleien bis zu 50 cm träge durch das Laichkraut schwimmen
und halbstarke Barsche von ca. 25–30 cm Laubenschwärme
jagen sehen. Zwar werden hin und wieder Zander vom Fischer besetzt,
aber die Aussichten sie zu fangen, dürften eher schlecht sein.
Der Stechlin entspricht als oligotrophes (nährstoffarmes) Gewässer
nicht gerade dem bevorzugten Lebensraum des Zanders. Das gleiche
gilt für den Wels. Schon eher besteht die Chance, einen der
aus dem Halterungsbecken des Fischers entwichenen Regenbogenforellen
zu erwischen.
Ganz ambitionierte Hegenenangler könnten es hier auch auf Maränen
probieren – ich bin allerdings skeptisch, ob das erfolgversprechend
ist! Zwar gibt es hier gleich zwei Maränenarten – die
eine wurde erst vor kurzem als eigene Art entdeckt, die Coregonus
Fontanae, die weltweit (!) ausschließlich im Stechlin vorkommt
– aber beide gehören zu den Kleinen Maränen, die
kaum größer als 15 cm werden. Vielleicht ein lohnender
Happen für Hechte – für Angler wohl weniger.
Damit komme ich auch schon zu meinem Lieblingsräuber aus dem
Stechlin: dem Hecht. Das klare Wasser und die üppige Unterwasservegetation
verleiht ihnen hier eine einzigartig schöne Zeichnung, und
dank des Futterreichtums (Nachteil siehe oben ...) wachsen sie zu
beachtlichen Exemplaren heran. Gleich nach der Schonzeit im Mai
kann man hier wunderbare Angelstunden erleben: was gibt es Schöneres
als den Hechten in dieser Zeit mit Jerks nachzustellen? Es gibt
nicht so viele Gewässer, wo man mit Polbrille ausgerüstet
Hechtattacken im Flachwasser beobachten kann. Es blitzt kurz auf,
ein Schwall und schon wird die Rute brachial heruntergezogen –
Adrenalin pur! Gerade für Jerkanfänger bietet sich der
Stechlin als ideales Übungsgewässer an. Hier kann man
ausgiebig an der Köderführung feilen und diese perfektionieren.
An schönen Tagen kann man den oberflächennah geführten
Jerk auch auf 30 m Entfernung genau verfolgen. Aber Achtung: die
Rute dabei gut festhalten ...
Auch mit herkömmlichen Kunstködern, wie Spinner und Blinker,
lassen sich die Räuber überlisten. Wobbler und Gummifische
scheinen aber bessere Fische zu locken. Hierbei die alte Faustregel
für klares Wasser beachten: erst mit natürlichen oder
gedeckten Farben beginnen. Bei ausbleibendem Erfolg die 'Schocker'
probieren. Diese Farben fangen im klaren Wasser des Stechlin oft
erstaunlich gut. Ein Indiz für den geringen Angeldruck, dem
die Hechte hier ausgesetzt sind. Werden Gummifische verwendet, sollte
man daruf achten, diese nicht zu tief zu führen. Die ausgedehnten
Seegraswiesen in bis zu 6–8 m Tiefe hinterlassen sonst immer
wieder Kraut an den Haken. Mit einem leichten Bleikopf von maximal
12 g lassen sich Shads gut 'durchleiern', und statt ständig
Kraut am Haken zu haben, wird hoffentlich bald ein Hecht daran zerren
...
Bleibt noch die Beschreibung der Hecht-Hotspots, aber hier endet
meine Auskunftsfreude! Ich finde, das Entdecken der vielversprechenden
Stellen gehört zum Angeln, inklusive der möglichen Pleiten.
Nur soviel dazu: große Überraschungen gibt es in dieser
Hinsicht nicht. Scharkanten, Krautfelder, versunkene Bäume
und ähnliches bieten Hechten hier wie überall ein ideales
Jagd- und Lebensrevier. Mit einem Blick auf die Tiefenkarte und
offenen Augen am Wasser lassen sich diese Stellen finden.
* Besonders im Sommer muss im Dagower Winkel mit Tauchern gerechnet
werden. Dann sollte die Angelstelle gewechselt werden. Der See ist
so groß, dass man sich nicht gegenseitig stören muss.
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